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Der finnische Sympathiebeweis schlechthin ist die Einladung in die Sauna. Die sollte man nicht ausschlagen. Allein um einmal in den Genuss echt finnischer Sauna zu kommen, wie sie so oft in Deutschland oder andernorts gepriesen wird. Dabei hat die hiesige Version mit der finnischen Sauna nicht viel gemeinsam.

„Wenn Wodka, Teer und Sauna nicht helfen, ist die Krankheit tödlich“, heißt ein finnisches Sprichwort. Die Finnen wissen, wovon sie sprechen. Für sie ist ein Leben ohne Sauna unvorstellbar und der Sauna-Dampf, im Finnischen „löyly“ genannt, der Quell alles Guten: Er reinigt, erfrischt und befreit von Müdigkeit. Rund 3,2 Millionen Saunen wurden 2010 in Finnland gezählt. Bei einer Einwohnerzahl von etwas mehr als fünf Millionen ist nirgendwoanders auf der Welt die Saunadichte derart hoch. Von den schätzungsweise zehn Millionen Saunen weltweit beansprucht Finnland einen Anteil von 30 Prozent, wie die Finnische Sauna-Gesellschaft bestätigt, die sich die Bewahrung und Pflege der finnischen Saunakultur zur Aufgabe gemacht hat.

Als typischer Exportschlager ist der Schwitzkasten aus dem hohen Norden Europas vor allem auch in Deutschland beliebt. Wie in Finnland wird offiziell darunter ein Raum aus Holz mit aufsteigenden Stufenbänken verstanden. Beheizt wird er mit einem Ofen, der mit Steinen bedeckt ist. Das Klima soll bis zu 105 Grad an der Raumdecke und eine Luftfeuchte zwischen zwei und fünf Prozent betragen, so hat es die Internationale Sauna-Gesellschaft definiert. Durch Aufguss auf die Steine kann die Luftfeuchte zusätzlich kurzzeitig erhöht werden.

Original finnisch Sauna: Erlaubt ist, was wohltut

Was hierzulande als „Original finnische Sauna“ gepriesen wird, kann dem Original jedoch nicht immer das Wasser reichen. Gerade beim Thema Aufguss gibt es große Unterschiede, wie Risto Elomaa, Präsident der Internationalen Sauna-Gesellschaft, erläutert: „Die Vorschrift, dass nur der Saunameister den Aufguss vollziehen und mit einem Handtuch die feuchte Luft zum Zirkulieren bringen darf, kennen wir in Finnland nicht.“ Ohnehin gibt es keine festen Regeln, was Länge eines Saunaganges oder Pausen betrifft. Auch das oberste der Saunagebote „Kein Schweiß aufs Holz!“ findet in Finnland kaum Beachtung. Erlaubt sei, was wohltut, sagt Risto Elomaa, der auch der Finnischen Sauna-Gesellschaft vorsteht. Den „löyly“-Dampf auf den heißen Ofensteine dürfe jeder erzeugen, solange es für die übrigen Anwesenden angenehm sei.

Finnische Saunarituale

Anders als in Deutschland, wo verstärkt auf ätherische Öle und stündlich abgehaltene Aufgusszeremonien gesetzt wird, zeichnet sich finnische Sauna durch Naturverbundenheit und Einfachheit aus. Zum Repertoire gehören unter anderem auch Birkenzweige, mit denen man sich selbst oder gegenseitig sanft schlägt – wohlgemerkt zur Anregung der Durchblutung und zum Einatmen des angenehm frischen Dufts. Machogehabe oder lüsterne Blicke sind beim Schwitzen unter Finnen fehl am Platz – ohnehin bleiben Männer und Frauen unter sich, „gemischte Sauna“ gibt es in öffentlichen Bädern nicht, allenfalls in der eigenen Sauna zusammen mit der Familie. Die meisten Schwitzkästen sind bei den Finnen direkt zu Hause. Traditionell handelt es sich um ein kleines Holzhaus, das vom Wohnhaus abgetrennt ist. Üblich ist die Sauna aber inzwischen auch als Erweiterung des Badezimmers oder als Gemeinschaftssauna, die sich die Mieter nach einem Zeitplan teilen. Wer sein Ferienhaus traditionell baut, fängt auch heute zuerst mit der Sauna an, wenn möglich, nah an einem See. In den wird hinterher zur Abkühlung hineingesprungen. Auch das Wälzen im Schnee ist ein beliebtes Ritual im Winter. Anders als in Deutschland, wo es mehr als 2.000 öffentliche Saunen gibt, macht ihr Anteil in Finnland gerade mal ein Prozent aus. „In Finnland ist Sauna eine private Angelegenheit und ein Teil der Kultur“, erläutert Professor Eberhard Conradi, ehemaliger Präsident des Deutschen Sauna-Bundes.

Rauchsauna: Dampf ablassen in der Ur-Sauna

Die Geschichte der finnischen Sauna geht weit zurück. Seit mehr als tausend Jahren wird laut finnischer Sauna-Gesellschaft in der Rauchsauna geschwitzt, auf Finnisch Savusauna. Bei dieser Urform steht der Ofen frei im Raum und hat keinen Schornstein, nur eine kleine Luke. Der Rauch zieht an Wänden und Decke entlang und hinterlässt jede Menge Ruß. Daher kommen Saunagäste häufig schwarz gefärbt heraus. Pekka Tommila, Architekt, Sauna-Buchautor und selbst ernannter Saunaguru, hält diese rustikale Saunafom jedoch für alles andere als schmutzig: „Der Ruß lässt sich ganz einfach abwaschen“. Auch müsse sich niemand sorgen, gefährliches Kohlenmonoxid einzuatmen: „Das Saunabaden beginnt erst, wenn das Feuer erloschen und der Rauch vollständig abgezogen ist.“ Heute gibt es davon nur noch rund 30.000. Die Savusauna erlebt aber eine Renaissance, betont Risto Elomaa, dies meist als Zweitsauna. Wie für Pekka Tommila ist die Rauchsauna auch für ihn der „Hochgenuss“ aller Hitzekammern. Außerhalb Finnlands ist sie hingegen fast unbekannt.

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