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Ich liebe Süßigkeiten. Bedingungslos. Das erste, was ich aus einem brennenden Haus retten würde (neben meinem Handy, dem Laptop und meiner grandiosen Mitbewohnerin), wäre der kleine Holzkorb mit meinen liebsten Leckereien. Den Rest zahlt ja schließlich die Hausratversicherung.

Meine Mutter meinte jedoch vor ein paar Wochen zu mir, dass ich zuviel naschen würde. Habe ich mir aus Protest gleich zwei Schokobonbons auf einmal in den Mund gestopft. Typische Trotzreaktion einer 29-Jährigen. Aber es ist doch schließlich so: Schokolade hat wenig Vitamine. Deswegen muss man eben besonders viel davon essen. Ist doch ganz klar.

Wie sollte also ausgerechnet ich eine Woche ohne Süßigkeiten, nur mit gesunden Lebensmitteln, auskommen? Jeder, der mich kennt, weiß, dass Süßigkeiten, Fast Food und kulinarische Bequemlichkeit für mich nahezu existenziell sowie essentiell sind und einfach zu meinem Lebensstil gehören. Ein (besonders gemeiner) Freund sagte im Vorfeld zu mir: „Was?! Du willst über gesunde Ernährung schreiben? Ausgerechnet du? Die, die sich nachts um zwölf nochmal Pfannkuchen mit Nutella und Apfelmus reinzieht? Ich lach mich kaputt!“ Ähm… Entschuldige bitte?! Das war die faule Version meiner selbst. Ich bin jetzt die neue, die fitte Kim, die macht so etwas nicht mehr.

Genauso wenig wie Diäten. Die mache ich auch nicht mehr. Früher habe ich sogar mal zwei zur gleichen Zeit ausprobiert – von einer alleine wird man ja schließlich nicht satt. Aber man lernt ja dazu. Da das mit dem Selbstversuch zum Thema „Sport“ bereits einwandfrei geklappt hat (nicht…), gibt es hier den nächsten Versuch meinerseits, endlich Teil einer fitten und agilen Bevölkerungsgruppe zu werden.

Pizza, Pasta, Pommes: Ich hab die Geschmacksnerven einer 5-Jährigen

Das Problem ist folgendes: Ich könnte ganze Mahlzeiten mit Süßigkeiten ersetzen. Wissen Sie, wenn ich es wider Erwarten mal schaffe, mich für Sport aufzuraffen, dann eigentlich nur, um eben diesen Süßigkeitenkonsum auszugleichen. Der Sommer steht schließlich vor der Tür… (Ja, ich weiß, er ist schon längst da. Aber dieses Jahr ist er einfach fünf Kilo zu früh gekommen). 
Ich mache Sport also nicht um des „Sports willen“, sondern nur, damit ich noch mehr naschen kann, ohne danach auszusehen wie Cindy. Damit meine ich nicht die Crawford, sondern die aus Marzahn.

Fangen wir also an. Tag eins. Enthusiastisches: Yeah. Es fängt mit dem Frühstück an. Gilt Nutella eigentlich als Süßigkeit? Wahrscheinlich schon. Aber wer will denn bitte gleich am Anfang so kleinlich sein. Schmeckt eben besser als Magerquark. Während ich frühstücke, zappe ich so durch die deutsche TV-Landschaft. Werbepause. Der Knaller. Erst lächelt mich der Detlef D! Soost fröhlich an und schreit „I make you sexy.com“ in die Kamera. Danach kommt direkt Daniel Aminati mit „Mach dich krass.de“ auf dem Bildschirm. Haben die eigentlich den gleichen PR-Berater? „Sommerfigur wird im Frühling gemacht,“ witzelt Daniel. Wäh. Bekomm ich direkt wieder schlechte Laune. Also lieber wieder den Fernseher ausmachen.

Nachmittags war ich mit einer Freundin zum Kaffee verabredet. Diszipliniert und verantwortungsbewusst wie ich bin, habe ich ihr natürlich direkt von meinem Vorhaben erzählt und sie darum gebeten, mich darin zu bestärken, keinen Kuchen oder fettige oder kalorienhaltige Nahrungsmittel zu bestellen. Zwei Stunden und eine Portion Spätzle, Cola und Eis mit Sahne später wurde mir so langsam klar, dass das so nicht weitergeht. Ich habe direkt am ersten Tag kulinarisch und ernährungswissenschaftlich gesehen versagt.

Aber irgendwie war es so: Je mehr ich daran dachte, die nächsten Tage nichts Tolles mehr essen zu dürfen, desto mehr sträubte sich mein Körper innerlich gegen die Drosselung der bevorstehenden Zuckerzufuhr. Ich musste aber doch mindestens einen Tag schaffen! Nur einen Tag!

Ich habe mir also professionelle Hilfe gesucht und meine Freundin, die Tänzerin, gefragt. Sie hat mir genau aufgeschrieben, wann ich was essen darf. Komischerweise finden Hackbällchen in ihrem Plan keine Verwendung. Gefällt mir nicht.

Am nächsten Tag würde es also so richtig losgehen. Dieses Mal aber so wirklich. Ich für meinen Teil versuche jetzt also, meinen Körper als Tempel zu betrachten. Ganz so, wie Miranda Kerr es eben sagt. Ich habe mir sogar Lebensmittel gekauft, deren Existenz mir vorher gar nicht bewusst war. Oder sagen Ihnen Quinoa, Erdmandelflocken und Chiasamen etwas?

Reiswaffeln. Oder auch: Die Wurzel des Bösen. Die Ausgeburt des Teufels.

Tag 2 beginnt vielversprechend: Müsli mit Haferflocken und frischen Früchten. Geht doch. Da ich jetzt versuche, am Mittag warm zu essen, koche ich mir meistens etwas für zwei Tage vor, wie zum Beispiel Puten-Zucchini-Pfanne mit Dinkelvollkornnudeln. Als Nachtisch gibt es Naturjoghurt mit frischen Früchten, verfeinert mit einer Prise Zimt. Da Kohlenhydrate ab jetzt ja abends der Feind sind, versuche ich, nach 18 Uhr nur Proteine oder Pfannengemüse zu essen. An sich schmeckt das ja alles auch. Das will ich gar nicht bestreiten. Aber es ist ein immenser Zeitaufwand, weil ich es mir zum Credo gemacht habe, alles frisch zuzubereiten.

Meine Zuckeraufnahme sinkt also weiterhin stetig – und damit einhergehend meine Laune. Ausbaden müssen es meine Freunde, die sich mittlerweile einen Spaß aus meiner überaus gesunden und vernünftigen Ernährungsweise machen. Sollte mir nach dem Projekt also dringend neue Freunde suchen.

Und dann gibt es zudem noch einen anderen Haken: Reiswaffeln. Ich esse als Snack zwischendurch jetzt… Reiswaffeln. Nein, nicht die mit Schokolade überzogen. Die aus DINKELVOLLKORN! Kann ich mir auch direkt ’ne Hand voll Sand in den Mund stopfen. Schmecken. Nicht.

Die Tage drei bis fünf verlaufen einigermaßen unspannend: morgens Müsli mit Haferflocken oder Naturjoghurt mit Früchten und Leinsamen. Mittags gibt es Reispfanne mit Geflügel, Lachs-Gemüsepfanne mit Dinkelnudeln oder Kartoffeln mit Spiegelei und Kräuterquark. Nebenbei esse ich meistens noch einen frischen Salat, trinke ungesüßten Tee und abends verzichte ich größtenteils (mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg) auf die spaßigen Kohlenhydrate. Versuche mich stattdessen proteinreich zu ernähren und frisches Gemüse zu essen. Mittlerweile könnte ich locker ein Kochbuch rausbringen.

Unser verkrampftes Verhältnis zum Essen

Ich glaube, das Problem mit dem Essen generell ist ja einfach nur, dass jeder meint, seine Ernährungsweise wäre die einzig richtige: Veganismus, Low-Carb, FdH, Atkins, Stoffwechseldiät, Vegetarismus… Ich halte generell nichts davon, andere Mitmenschen von irgendetwas zu überzeugen, ihnen etwas zu indoktrinieren oder ihnen meine Meinung aufzuschwatzen. Muss ja jeder selber wissen, was er so macht. Leben und (vor allem!) leben lassen. Wer sagt denn eigentlich, dass alle fit, sportlich und trainiert sein müssen? Nur um einem gesellschaftlich konstruierten Ideal nachzueifern, welches überhaupt nicht erreichbar ist? Selbst das Model aus der Werbung sieht im echten Leben nicht aus wie das Model in der Werbung! Hey, Photoshop! Du alter Penner!

Ich meine, es ist toll, fit zu sein. Verstehen Sie mich da nicht falsch. Wäre ich auch gerne. Ich will das alles auch gar nicht bagatellisieren. Aber wissen Sie, was mich in dem Zusammenhang echt fertigmacht? Diese falschen, mitunter gefährlichen Vorstellungen von Gesundheit und gesundem Körperbild. Wenn Menschen anfangen, kaum etwas zu essen, nur um dünn zu sein.

Aber dann gibt es da noch eine andere Sache, die mich bei diesem Thema belastet: Die Überfrauen. Die können dir echt so richtig den Tag versauen. Entweder gehen sie hochschwanger mit Drillingen im neunten Monat noch 45 Minuten am Tag joggen, nach dem 12-Stunden-Arbeitstag noch eben ins Gym oder sie erzählen dir 3 Wochen nach der Geburt, dass sie bereits ihr altes Gewicht von vor der Schwangerschaft zurückerlangt haben. Ich bin weder schwanger noch habe ich kürzlich ein Kind bekommen – und ich schaffe es nicht einmal, 3 Sekunden auf einem Bein die Balance zu halten. Geschweige denn mein Gewicht.

Ich habe heute leider kein Foto für dich

Jetzt mal im Ernst: Wofür das alles? Es ist für mich vollkommen okay, wahrscheinlich dieses Jahr wieder nicht für die Victoria’s Secret Fashion Show gebucht zu werden. Ich will auch gar nicht dünn oder skinny sein – sondern fit. Komm ich um diesen Trottel namens Sport wahrscheinlich doch nicht herum. Aber damit bin ich einverstanden. Ein gesundes Mittelmaß ist eben wichtig.

Ich möchte einfach nicht im Essen herumstochern, Kalorien zählen und auf dieses oder jenes kategorisch verzichten müssen. Dafür ist das Leben zu kurz. Und ich zu entspannt. Ich pfeife darauf, was andere von mir erwarten, wie ich auszusehen, mich zu ernähren oder mich zu verhalten habe. Ich will einfach genießen, in vollen Zügen: alles mitnehmen, miterleben, mitfühlen und mitmachen. Das Leben mit allen Sinnen in mir aufsaugen und das ein – oder andere – Mal über die Stränge schlagen. Mir nichts verbieten. Und mir vor allem keine Gedanken darum machen, warum ich nicht in Größe 32 reinpasse. Werde ich nie. Wollte ich nie.

Ich habe bisher fünf Tage geschafft. Ich habe bis jetzt noch nichts Süßes gegessen. Aber das wird sich wahrscheinlich bald ändern. Ihr da draußen könnt ja alle durchtrainiert sein und die gesunde Ernährungsweise predigen. Ist für mich vollkommen in Ordnung. Ich dagegen werde – in naher Zukunft – zum Supermarkt laufen und mir eine 225 Gramm (Ja! Ich gönn’s mir so richtig!) Tüte Schokobonbons kaufen. Einfach, weil ich es kann. Und, viel wichtiger: Weil ich es will.

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