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Was meint der Weinkenner eigentlich, wenn er von Adstringenz oder dem Säurekomplex im Wein spricht? Und welche Inhaltsstoffe des Weins beeinflussen sein Aussehen, seinen Geruch und Geschmack? MEINE VITALITÄT-Weinexpertin Stephanie Müller gibt Ihnen einen Einblick in die Welt des Weinaromas.

Fünf Sinne für die Wahrnehmung

Bei der Weinsensorik sind hauptsächlich die Sinneswahrnehmungen Riechen, Schmecken und Sehen wichtig, aber auch das Fühlen und Hören spielen eine Rolle. Den Geschmack von Wein nehmen wir über die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge wahr.

Früher hat man die Zunge in 4 Zonen eingeteilt:
Bitter schmeckt man am Zungenansatz, salzig an den Seiten und süß an der Zungenspitze. Ganz so streng sieht man diese Einteilung heute nicht mehr. Man kann es eher so ausdrücken, dass man süß etwas stärker im Bereich der Zungenspitze wahrnimmt und Bitteres vorwiegend im hinteren Zungenbereich, zum Zungengrund hin.

Unter Hedonik versteht man die subjektive Bewertung eines Duftes als angenehm oder unangenehm. Der Mensch kann ca. 10.000 Düfte unterscheiden, allerdings verbal nicht zuordnen.

Aroma bezeichnet den spezifischen Geruch und/oder Geschmack, der durch chemische Verbindungen oder Stoffgemische beim Wein verursacht wird.

Durch das Auge lässt sich die Farbe des Weins feststellen, welche durch Altersentwicklung, Rebsorte, Kelterungsart und Ausbauverfahren bedingt ist. Auch die Klarheit (kellertechnische Maßnahmen, mikrobielle Veränderungen) und die Viskosität (Alkohole, Restzucker, Ertrag, kellertechnische Maßnahmen) sind optisch erkennbar.

Durch die Nase entsteht ein orthonasaler Eindruck, wie zum Beispiel durch Barriqueeinfluss, Gärführung und Rebsorte. 
Durch die Aromatik im Mund, die dann in die Nase steigt, der sogenannte retronasale Eindruck, lässt sich Balance erkennen, Geschmacksdynamik und Struktur.

Im Mund befinden sich auch die Geschmackszellen (Süße = Restzucker, Säure = pH-Wert, Bitterkeit = Gerbstoffe), Tastempfindungen sind möglich (Pelzigkeit durch Gerbstoffe, Brandigkeit, Spritzigkeit) sowie thermische Empfindungen wie die Trinktemperatur.

Weinbewertung im Punktesystem

Die Sensorik für die objektive Beurteilung von Wein ist die Vorbereitung, Verkostung und Auswertung mit allen fünf Sinnen. Ab Ende der 1980er Jahre wurde die Initiative ergriffen, ganz objektive Beurteilungen zu treffen.

Dazu wurden verschiedene Bewertungsschemen entwickelt, wie zum Beispiel das 5-Punkte-Schema der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft). Dabei werden insgesamt 0 bis 5 Punkte für die Kriterien Geruch, Geschmack und Harmonie vergeben. Außerdem gibt es noch das 20-Punkte-Schema und das international bekannte 100-Punkte-Schema nach Robert Parker. Spitzenqualitäten haben möglichst hohe Punktzahlen, mit denen im Weinhandel auch geworben wird.

Einflüsse auf das Aroma

In der Sensorik wird das Aroma differenziert betrachtet: Die Primäraromatik bestimmen Aromen, die schon in der Genetik der Rebsorte festgelegt sind. Die Sekundäraromatik wird bestimmt durch alles, was der Traube von außen zugeführt wird, sowie Gärführung, Bodenbeschaffenheit und Klima. Unter der Tertiäraromatik versteht man Aromen, die durch die Reifung entstehen. Durch die Entwicklung können sie sich verstärken, vermindern und/oder verschieben.

Inhaltsstoffe bestimmen das Aroma

Adstringenz ist ein Sinneseindruck, der eigenständig und unabhängig von anderen sensorischen Wahrnehmungen bemessen wird. Außer der Adstringenz des Tannins zählen auch noch das Brennen des Alkohols, das Prickeln der Kohlensäure, das Stechen der schwefeligen Säure, die Schärfe des Pfeffers dazu.
Im Wein ist die Adstringenz das Zusammenspiel zwischen Eiweiß, Alkohol, Tannine und Säure. Die Adstringenz entsteht, wenn die Proteine des Speichels mit den Tanninen des Weins reagieren. Dabei verliert der Speichel seine Wirkung als Gleitmittel und es entsteht der Sinneseindruck als pelzig, scheuernd, gerbend und austrocknend. Dieses Gefühl hält umso länger an, je höher die Konzentration des Tannins im Wein ist. Grundsätzlich nimmt mit steigender Tanninkonzentration die Adstringenz stärker zu als die Bitterkeit.

Wenn es während der Reifung bestimmter Rotweine zu einer Minderung der Adstringenz kommt, hängt dies mit dem Vorhandensein von Anthocyanen zusammen. 
Anthocyane sind die Farbpigmente aus der Traube und gelten als geschmacklos. Trotzdem mindern sie die Adstringenz im Rotwein. Rotweine schmecken weicher, wenn sie viel Anthocyan enthalten. Es kann sich im Laufe der Reifung mit den polymeren Pigmenten im Wein verbinden. Es verhindert gleichzeitig die Entstehung zu großer, geschmacklich aggressiver Tannine, indem es eine übermäßige Polymerisation unterbindet. In der Sensorik wirken also Weine mit einem hohen Anthocyangehalt weicher als Weine, die mangels Anthocyanen einen hohen Polymerisationsgrad erreichen. Deshalb spricht man von harten und weichen Tanninen.

Phenole Stoffe im Wein tragen Histamine, d.h. in jungen Rotweinen ist der Anteil höher als in älteren Rotweinen oder gereiften Weißweinen. 
Histamine sind oft verantwortlich für allergische Reaktionen, wie Hautjucken und Rötungen, Ekzeme, laufende Nase, Müdigkeit sowie Kopfschmerzen. Besitzt man eine Unterverträglichkeit gegen Histamin, sollte man diese Art von Wein vermeiden.

Fazit:
Die Weinsensorik wird von zahlreichen Einflüssen bestimmt, die ein Experte bei der Analyse eines Weins alle berücksichtigen muss. Dabei stellt er folgende Überlegungen an:

  • Hat der Wein Säure und ist sie sehr präsent?
  • Wie sind die Gerbstoffe? Sind sie gut eingebunden oder grob?
  • Wie ist die Süße? Trocken ja oder nein?
  • Hat der Wein viel oder wenig Alkohol?
  • Schmeckt er mineralisch?
  • Ist er harmonisch?
  • Hat er Potenzial?

Tipp der Redaktion:

Welcher Wein zu welchem Käse passt, haben wir für Sie in einem informativen und anschaulichen E-Paper zusammengefasst. Dieses und weitere spannende E-Paper können Sie sich kostenfrei in unserem Shop herunterladen.

Weitere Informationen:

Online finden Sie zahlreiche Versandhändler, bei denen Sie so gut wie jede gewünschte Weinsorte bestellen können. Ein großer Weinhändler ist zum Beispiel www.rindchen.de mit einer umfangreichen Auswahl an Weinen aus aller Welt. Rindchen’s Weinkontor ist zum dritten Mal in Folge Fachhändler des Jahres International geworden!

Wenn Sie unsere Weinexpertin Stephanie Müller als Sommelière für ein Wein- oder Sensorikseminar buchen möchten, schauen Sie auf die Seite: www.sommelier-cowboys.de nach. Dort ist sie bei den Caballeros zu finden.

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