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Sie versprechen höchste Qualität und Komfort und sind unter Schuhliebhabern besonders geschätzt. Doch was genau verbirgt sich hinter „rahmengenähten“ Schuhe eigentlich?

Im Jahr 1872 meldete der Amerikaner Charles Goodyear Junior ein Patent auf den Namen „Goodyear Welt“ an. Der Sohn des Erfinders des Hartgummis revolutionierte mit seiner Entwicklung die Produktion hochwertiger Schuhe nachhaltig. Hinter dem geheimnisvollen Namen verbirgt sich eine bestimmte Fertigungsmethode von Schuhen, für die Goodyears Patent zum Synonym werden sollte. Wenn also unter einer Schuhsohle die Bezeichnung „Goodyear welted“ vermerkt ist, dann bedeutet das nichts anderes, als dass die Schuhe in der rahmengenähten Machart gefertigt wurden. Goodyear erfand zwar nicht diese besondere Methode der Vernähung von Schuhober- und Unterteil, doch er ebnete den Weg zu einer preisgünstigen Herstellung dieser unter Schuhliebhabern besonders geschätzten Schuhe.

Erste rahmengenähte Schuhe finden sich im 16. Jahrhundert

Doch der Reihe nach. Archäologische Funde beweisen, dass der Kuhmaulschuh, ein im Europa des 16. Jahrhunderts weitverbreitetes Schuhmodell, bereits rahmengenäht war. Rahmengenäht bedeutet nichts anderes, als dass der Schaft, also das komplette Oberteil des Schuhs, mittels einer unsichtbaren Einstechnaht durch den Rahmen an die Brandsohle, so der Fachausdruck für die Innensohle, genäht wird. Bei dem namensgebenden Rahmen handelt es sich im Übrigen um einen etwa drei Millimeter breiten Lederstreifen. Dieser wird mit einer zweiten Einstechnaht, also einer Doppelnaht, mit der Laufsohle verbunden. Die rahmengenähte Machart definiert dementsprechend die besondere Verbindung von Schaft mit Brand- und Laufsohle. Über die Jahrhunderte wurde das aufwendige Verfahren von Hand ausgeübt und weiter verfeinert bis eben Charles Goodyear Junior mit seinem Patent die Fertigung von rahmengenähten Schuhen nachhaltig beeinflusste. Mittels seiner Goodyear-Einstechmaschine und der Goodyear-Aufdoppelmaschine konnte der aufwendige Arbeitsprozess fortan deutlich erleichtert und dadurch kostengünstiger realisiert werden. Die Einsteigerklasse bei rahmengenähten Schuhen liegt zwischen 120 und 180 Euro. Große Discounter haben immer mal wieder auch Exemplare für etwa die Hälfte im Angebot – einzig beim verarbeiteten Material muss der Kunde hier Abstriche hinnehmen.

Rahmengenähte Schuhe sind eine Langzeitinvestition

Der technische Hintergrund lässt den höheren Preis dieser Schuhe bereits erahnen, doch erklärt er noch lange nicht, warum rahmengenähte Schuhe sich solch großer Beliebtheit erfreuen. Zunächst einmal ist die Naht nicht im Schuhinneren zu spüren. Allein das Vernähen der Schuhteile gewährleistet darüber hinaus, deutlich mehr Stabilität und Langlebigkeit, als es bei den verklebten Pendants der Fall ist. Das Eindringen von Feuchtigkeit ist ebenso fast ausgeschlossen. Gemeinsam mit der Korkausballung, die sich zwischen Brandsohle und Laufsohle befindet, garantiert dies ein angenehmes und gleichbleibendes Fußklima. Die Korkschicht, bei guten Schuhen obligatorisch, dient ebenso als Isolierung. Im Sommer verhindert sie Schweißbildung und im Winter sorgt sie für warme Füße. Entscheidend für einen guten Schuh ist natürlich der Tragekomfort. Bei rahmengenähten Exemplaren wird der Träger nach einer Einlaufphase durch eine optimale Passform belohnt, da sich das Fußbett den anatomischen Gegebenheiten anpassen wird. Last, but not least darf nicht unerwähnt bleiben, dass rahmengenähte Schuhe äußerst reparaturfreundlich sind und dadurch auf längere Sicht eine lohnende Investition darstellen. Ist die Sohle zum Beispiel einmal abgelaufen, dann hilft bereits der Gang zum Schuhmacher. Dieser kann die in Mitleidenschaft gezogene Sohle rasch und preisgünstig austauschen. Ein deutlich teurerer Schuhneukauf ist nicht notwendig.

Ab etwa 150 Euro aufwärts gibt es gute Qualität

Da die Fertigung, wie bereits erwähnt, sehr aufwendig ist, werden auch nur die besten Materialien für den rahmengenähten Schuh von ausgebildeten Fachkräften verarbeitet. So bildet beispielsweise natürliches Leder seine Basis und dieses ist nicht billig. Als Faustregel kann gelten: Je mehr verarbeitet wurde, desto hochwertiger der Schuh. Beim Oberteil erkennt das auch der Laie, für eine genauere Auskunft lohnt es sich, nach Kennzeichnungen im Innenschuh oder auf dem Karton zu suchen. Nach einer EU-Richtlinie müssen die Hauptbestandteile eines Schuhs gekennzeichnet werden. Der Preis von rahmengenähten Schuhen liegt demnach höher als Schuhe, die in anderen Macharten gefertigt wurden. Ab etwa 150 Euro aufwärts kann der Kunde gute Qualität erwarten. Dafür bieten sie ein deutliches Plus an Qualität, sind länger haltbar als verklebte Schuhe, leichter zu reparieren, sehen äußerst elegant aus und verfügen über eine hohe Passformtreue. Ein rahmengenähter Schuh wird sich niemals „ausgelatscht“ anfühlen. Wie es mit Charles Goodyear Junior weiter ging, ist leider nicht überliefert. Doch seine maschinelle Fertigungsmethode von rahmengenähten Schuhen lässt bis heute die Herzen von Schuhliebhabern höher schlagen.

Weitere Informationen:

Der ungarische Maßschuhmacher László Vass erläutert detailliert die Geschichte und den Aufbau von rahmengenähten Schuhen. Darüber hinaus gibt er Pflegetipps und stellt die bekanntesten Modelle näher vor:

„Herrenschuhe handgerabeitet“ von László Vass und Magda Molnár (Tandem, 9,95 Euro)

Das Buch ist erhältlich bei Amazon.de.

Der Herrenschuhtester Paul Prüfer prüft in seinem Labor rahmengenähte Herrenschuhe der Einsteigerklasse auf Herz und Nieren:

www.herrenschuhe-test.de

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