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Ich wusste von Anfang an, dass das eine blöde Idee sein wird. Wissen Sie: Ich hab es nicht so mit Sport. Okay, das ist nicht ganz richtig: Sport und ich haben an sich eine tolle Beziehung. Aber nur, wenn ich ihn bei anderen beobachte. Beim Fußball zum Beispiel. Im Fernsehen. Zusammen auf der Couch mit meinen Kumpels Chips und Cola.

Sternzeichen Sportmuffel – Aszendent Fast Food-Junkie

Seit Januar bin ich im Fitnessclub angemeldet und zwinge mich, mindestens einmal die Woche hinzugehen. Da ich zu Fuß zum Studio laufe, rechne ich mir die Zeit, die ich brauche, um dorthin zugelangen, auch ganz klar auf mein sportliches Netto-Konto. Pro Strecke brauche ich 15 Minuten. Macht zusammen also schon mal 30 Minuten. Soweit so gut. Shakira hat gesagt, dass es nicht darauf ankommt, wie lange man Sport macht – nur, dass man überhaupt den Hintern hochbekommt.

Wenn ich also auf dem Crosser stehe, merke ich, dass ich – so nach acht Minuten – keine Lust mehr habe. Reicht dann ja auch. Ich muss ja auch noch ’nen Gewaltmarsch nach Hause antreten. Nach 20 Minuten ist meistens Zapfenstreich. Habe dann aber ja mit meinen 30 Minuten für die Berechnung der Strecke und den 20 Minuten auf dem Crosser ganz klar ein Netto-Grundeinkommen von 50 Minuten Sport pro Woche. Ich finde das ist völlig ausreichend.

Es ist doch so: Muskeln aufbauen tut weh. Fett aufbauen nicht. Was sagt uns das? Fett ist gemütlich. Er ist einer von uns.

Für meinen Selbstversuch zum Thema Bewegung wollte ich jeden Tag Sport machen. Ich wollte schauen, ob man bereits innerhalb einer Woche vom Sportmuffel zum Sportfreund wechseln könne. Marc Basiner sagt, dass Sport nachweislich zu einem glücklichen Leben beiträgt. Sport ist gesund, hält (geistig) fit, wirkt sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System aus, stärkt die Knochen und stärkt das Immunsystem. Alles Dinge, die ja nun wirklich erstrebenswert sind.

Anfänglich hatte ich den Plan, jeden Morgen eine Stunde früher aufzustehen, um joggen zu gehen. Joggen ist unkompliziert, man kann es überall machen und man soll dadurch den Kopf freibekommen. Zieh ich das Ding jetzt eben durch.

Aller Anfang ist schwer

Als an Tag eins mein Wecker ’ne Stunde früher klingelte, war ich direkt genervt. Aber hilft ja alles nichts. Den Abend zuvor hatte ich mir zumindest ein süßes Sport-Outfit rausgelegt, um mich wenigstens ein bisschen zu motivieren. Immerhin hatte ich Glück und es regnete nicht. Draußen angekommen, fing ich also an, in Intervallen zu laufen: zwei bis drei Minuten joggen, dann zwei bis drei Minuten gehen. Dieses Programm wiederholte ich jeweils fünf Mal. Als Anfänger(in) muss man darauf achten, nicht zu viel auf einmal zu verlangen. Super – das gefällt mir. Tag eins war also geschafft. Und was soll ich sagen: ich fühlte mich irgendwie… gut. Das Aufstehen war blöd, das Rausgehen auch, aber sobald ich mit dem Training fertig war – das muss ich an dieser Stelle zugeben – war ich ein kleines bisschen stolz.

Anders als geplant

Am selben Nachmittag klingelte mein Handy: eine gute Freundin, die Tänzerin ist, wollte fragen,ob ich bei der Eröffnungsfeier der Champions League im Olympiastadion mittanzen würde. Da ich Fußball liebe und schon immer mal bei einem CL-Finale dabei sein wollte, habe ich sofort zugesagt, zum Casting zu kommen. Ich habe früher (ganz viel früher), mal Hip Hop getanzt und bin dann frohen Mutes zur Audition. Keine Ahnung wie, aber es hat geklappt: Ich wurde als Nachrückerin ins Team aufgenommen. Von jetzt an standen täglich fünf Stunden (ich wiederhole, fünf [FÜNF!!!!] Stunden) Tanztraining auf dem Plan. Von Null auf Hundert sozusagen. Das mit dem Joggen morgens lass ich dann aber sein.

Tanzen fürs Finale

Ich fand mich also noch am selben Abend auf dem Fußballfeld wieder und musste erstmal den klassischen Cheerleader-Shit machen. Die Leute waren aber alle total nett und ich wurde herzlich aufgenommen. Das Training fing mit gängigen Aufwärmübungen an. Danach wurden uns Teile der Choreographie beigebracht und die verschiedenen Positionen, die wir auf dem Feld einnehmen sollten. Plötzlich fing es an zu regnen. „Das macht uns nichts aus. Wir würden auch tanzen, wenn es jetzt schneien würde!,“ schrie eine Stimme aus dem Off über den Platz. Ach ja? Würden wir das? Ist auch leicht zu sagen, wenn man als Choreographin unter einem bedachten Zelt steht und mit Mikrophon in der Hand Instruktionen erteilt. Ich fühlte mich wie ein begossener Pudel, während ich die Choreo durchführte. Hab ich mir irgendwie alles glamouröser vorgestellt bei so ’ner Fernsehproduktion. Die nächsten Tage hieß es dann: trainieren, trainieren, trainieren. Der Muskelkater ließ auch nicht lange auf sich warten. Aber was tut man nicht alles, um bei so einem Event dabei sein zu können.

Leben ist das, was passiert, während man dabei ist, andere Dinge zu planen

Blöde Sachen passieren ja leider meistens, wenn man sie am wenigstens gebrauchen kann. Eines abends – ich kam gerade von der Probe – wollte ich einfach nur nach Hause. In 29 Jahren ist es mir bisher nicht passiert, dass ich gestürzt bin und mich dabei ernsthaft verletzt habe. Aber an genau diesem Abend war es dann soweit: ich stürzte von der Treppe, dabei knickte mein rechter Fuß um und ich bekam höllische Schmerzen. Auftreten war gar nicht mehr drin. Ich humpelte nach Hause, zog den Schuh aus, sah, dass mein Fuß geschwollen war und kühlte diesen sofort. Am nächsten Tag konnte ich gar nicht mehr auftreten, geschweige denn laufen. Der Besuch beim Chirurgen bringt Gewissheit: Fuß böse geprellt, Bänderzerrung, mindestens 2-3 Wochen Schiene. Und das ein paar Tage vor dem großen Finale. Klasse. Ich konnte es einfach nicht fassen.

Du bist beim Finale! …. Nicht.

Da ich jedoch generell ein sehr optimistischer Mensch bin und versuche, das Beste aus meiner jeweiligen Situation zu machen, versuche ich, das positiv zu sehen. Ändern kann ich es ja eh nicht. Ich hatte zwar kurz überlegt, gegen ärztlichen Rat zu tanzen, mir Schmerzmittel reinzufahren und die Schiene unter der Hose zu verstecken, aber meine Freunde und Familie haben mir schnell die Leviten gelesen.

Im Endeffekt ist es ja so: wer weiß, wofür das alles gut ist. Vielleicht hätte ich beim Verlassen des Feldes Messi umgerannt, er hätte sich einen fiesen Bruch zugezogen und ich müsste ihm dann den Rest seines Lebens von meiner mickrigen Haftpflichtversicherung Schmerzensgeld zahlen.

Mein Fazit nach einer Woche: Sport und ich haben Schluss gemacht. Wir passen einfach nicht zusammen. Vielleicht war das mit dem Fuß ja auch ein Zeichen, es einfach zu lassen. Da Sport und ich jedoch eine On-Off-Beziehung führen, finden wir in der Zukunft vielleicht irgendwann noch einmal zusammen. Aber wie ich ihn kenne, hat er bis dahin schon längst eine andere. Der kleine Bastard.

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