©iStock/AleksandarNakic
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Surfen ist kein Sport, sondern eine Lebenseinstellung, heißt es. MEINE VITALITÄT sprach mit einem, der es wissen muss. Matthias Krankemann, Surflehrer in Holland, über das perfekte Brett, die perfekte Welle und den perfekten Hotspot.

MEINE VITALITÄT: Gibt es die perfekte Welle? Wenn ja, wie sieht sie aus?

MATTHIAS KRANKEMANN: Ja! Allerdings sieht die für jeden Surfertyp individuell anders aus. Shortboarder, die auf kurzen Brettern surfen, bevorzugen eine Welle, die so hohl bricht, dass sich ein Tunnel („Tube“) entwickelt, den der Surfer dann durchsurft.
Longboarder, mit Brettern von bis zu drei Metern Länge, hingegen bevorzugen kleinere Wellen, die hüfthoch, aber sauber („clean“) brechen. So haben sie viel Zeit, mit ihrem Longboard auf der Welle verschiedene akrobatische Tricks auszuführen wie den Crossstep oder den Hang Ten. 
Aber in einem sind sich alle Surfer einig: Die perfekte Welle ist eine lichtdurchtränkte, blaue Kathedrale, in der durchtrainierte Männer zu knien und zu beten scheinen. Sie schweigen ehrfürchtig vor der üppigen Schönheit der Natur.

Kann jeder Surfen lernen oder braucht es bestimmte Voraussetzungen? Wenn ja, welche?

Man muss schon eine gewisse Kondition mitbringen, denn als Surfer musst du meist 50 bis 250 Meter weit rauspaddeln, um zum Lineup (der Ort, wo Surfer auf die Welle warten) zu kommen. Und man sollte natürlich schwimmen können und keine Angst vorm Wasser haben, nur Respekt.

Welches sind die absoluten Surf-Hotspots und warum?

In Deutschland halten sich die Surf-Hotspots in Grenzen. Wenn man einen guten Tag erwischt, kann man am Weißenhäuser Strand oder am Strand von Westerland gut surfen. Aber das ist eher selten. Es hat etwas mit der Entstehung von Wellen zu tun. In den europäischen Nachbarländern Frankreich, Spanien, England und Irland sieht es deutlich besser aus. Mir persönlich gefällt Portugal besonders, hier gibt es in dem Ort Peniche fast jeden Tag tolle Wellen, gutes Wetter und auch sehr gute Surfschulen. Um Peniche herum gibt es mehr als 20 verschiedene Surfspots mit jeweils unterschiedlichen Untergrundbeschaffenheiten und Ausrichtungen. In Peniche gibt es auch jedes Jahr die Surfweltmeisterschaften „rip curl pro the search“, wo Surfgrößen wie Kelly Slater kommen, um die „Supertubos“ – die beste Welle Europas – zu surfen. Ein Riesenspektakel!
Außerhalb von Europa sieht es viel besser aus, besonders Kalifornien und Bali bieten tolle Möglichkeiten, aber auch in Südafrika, Costa Rica und Indien kann man gut surfen.

Welche Muskelgruppen werden durchs Surfen trainiert?

Surfen ist ein Ganzkörpertraining und beansprucht besonders stark den Rücken, Nacken, die Beine und Arme und die Bauchmuskulatur. Perfektes Training, um auch im Urlaub fit zu bleiben. Eine Aufwärmeinheit von mindestens zehn Minuten ist dabei immer Pflicht, um Verletzungen zu vermeiden.

Wie sieht die optimale Surfausstattung aus? 

Man benötigt ein Surfboard (Longboard oder Shortboard), eine Leash (Sicherheitsleine, die Brett und Fuß verbindet), etwas Wachs, um Halt auf dem Board zu bekommen und Sonnencreme. Wenn man im kalten Nordeuropa surft, sollte man einen Wetsuit aus Neopren tragen.
Das perfekte Board zu finden, ist gar nicht so leicht. Anfänger sollten immer ein längeres Board wählen, da es hier einfacher ist, die Balance zu halten. Mit der Zeit kommt die Erfahrung und dann auch das perfekte Board.

Was halten Sie von Indoorwellen und kleinen lokalen Surfspots wie dem Münchner Eisbach?

Indoorwellen sind eine tolle Sache, um eine perfekte Welle zu surfen und auch eine gute Abwechslung. Ich persönlich bin noch nie eine Indoorwelle gesurft, da es in Europa keine gibt. Dafür gibt es hier das so genannte flowriden oder flowsurfen, wie zum Beispiel den Münchner Eisbach. Das hat aber mit dem eigentlich Surfen einer Welle nicht viel gemeinsam.

Wie, wo und wann kann man am besten surfen, wenn nicht grad ein toller Strand in der Nähe ist?

Im Internet! Da bucht man sich dann ein Ticket für rund 80 Euro ins portugiesische Peniche und checkt dort im Surfcamp oder einem Surfhostel ein . Wer dicht an der holländischen Grenze wohnt, sollte mal nach Schevenigen fahren – hier kann man mit etwas Glück auch eine ordentliche Welle bekommen.

Was ist besser: Wellenreiten oder Windsurfen? Wo liegen die Unterschiede?

Beim Windsurfen ist man mit einem größeren und schwereren Board mit Segel unterwegs. Man surft nicht in erster Linie auf einer Welle, sondern mit dem Wind. Beim Surfen gibt es nur das Brett und dich – du musst paddeln, tauchen, surfen und immer auf die Welle warten. Deshalb ist Surfen für mich persönlich die vollkommenste aller Sportarten. Ich trainiere meinen ganzen Körper im Einklang mit der Natur – mental schaltet man da total ab. In dem Moment, wo ich die Welle erwische, fühle ich mich vollkommen frei.

Warum Holland?

In erster Linie, weil ich dort die Leidenschaft fürs Surfen mit meiner holländischen Freundin teilen kann. Es gibt nichts besseres als zusammen ins Meer raus zu paddeln und gemeinsam auf die Wellen zu warten. Außerdem ist Holland ein sehr nettes Land – hier in meinem kleinen Fischerdorf ist die Welt noch in Ordnung!

Haben Sie ein Vorbild und wenn ja, wen und warum?

Ich würde extrem gerne einmal mit Laird Hamilton surfen. Mein Vorbild sind aber alle Surfer, die respektvoll mit der Natur und dem Meer umgehen.

Welche Gefahren birgt der Sport und wie kann man diesen vorbeugen?

Sicherlich ist Surfen nicht ganz ungefährlich, es sind schon viele Menschen vom Surfen nicht wieder zurückgekommen. Aber das sind in der Regel Extremfälle. Wer sich an die Regeln hält, minimiert das Risiko. Jeder Surfer muss die Flaggen am Strand beachten, das Wasser bei starker Strömung meiden, ausgeruht und entspannt ins Wasser gehen, in der Nähe von den Lifeguards bleiben und – ganz wichtig- nie alleine surfen.

Mal ehrlich, haben Sie mit dem Surfen nicht auch nur deshalb angefangen, um cool zu sein? 

Oh nein, cool bin ich schon lange davor gewesen.

Warum ist Surfen eigentlich so cool?

Ich würde nicht sagen, dass Surfen an sich cool ist. Das Besondere am Surfen ist die Symbiose mit der Natur und dem eigenen Körper und Geist. Surfer brauchen nicht viel, um glücklich zu sein – nur ab und zu eine super Welle und Freunde, mit denen man seine Leidenschaft teilen kann. Ich glaube, dieses Freiheitsgefühl kann man als „cool“ bezeichnen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Weitere Informationen:

Surfen lernen: Von Wellen, Brettern und der Surfkultur

Das Maximumsurfcamp ist das erste und mit 15 Jahren älteste Surfcamp im portugiesischen Peniche und bietet hochkarätige Specials wie zum Beispiel das „Surf’n’Yoga“ im Juni und September: www.maximumsurfcamp.com

Ebenfalls in Peniche ist das Camp Surfguiding, wo man die Möglichkeit hat, in kleinen Gruppen oder im Privatunterricht surfen zu lernen. Die Betreiber Sebbo und Rainer kommen ursprünglich aus Deutschland und sind die perfecten „locals“ in dieser Gegend: www.surfguiding.com

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