©iStock/Tempura
Advertisement

Klettern ist ein Trendsport, der sich inzwischen beinahe schon zum Breitensport entwickelt hat. Wer denkt, in den Hallen und an den Wänden tummeln sich nur Topathleten und Akrobaten, der irrt. Doch ist Klettern etwas für mich? MEINE VITALITÄT-Autorin Anne Röhling wagte den Selbstversuch.

„Bloß keine Angst haben!“, mit diesem Gedanken stehe ich im Eingangsbereich der riesigen Halle und blicke auf die zugleich halsbrecherisch und athletisch aussehenden Manöver der Sportler an den Wänden. Zusammen mit vier Freunden bin ich zum Klettern verabredet. Jetzt stehe ich da, kralle mich an meiner Tasche fest und frage mich: „Was habe ich mir bloß dabei gedacht?“

„Hallo und willkommen im Magic Mountain,“ begrüßt uns Klettertrainerin Jessica Krismann. Sie ist keine Fremde für mich, denn Jessica hat mir schon einmal eine neue Welt gezeigt: die des Tauchens. Dieses Mal soll es aber nicht schwebend hinunter, sondern keuchend hinauf gehen.

Ausrüstung und Einweisung

Von meinen Freunden, die mich zum Kletter-Schnupperkurs begleiten, haben einige bereits Erfahrung mit dem Klettern. Für mich ist es das erste Mal. Mir ist mulmig zumute, mich an einer senkrechten Wand an winzigen Griffen und Tritten 15 Meter in die Höhe zu arbeiten. Aber Jessica lässt keine Zeit für abschweifende Gedanken: Sie bringt uns Gurt und Kletterschuhe und schenkt uns ein aufmunterndes Lächeln. „Die Schuhe müssen richtig eng sitzen, damit ihr guten Halt habt!“

So ausgerüstet geht es zu einer acht Meter hohen Kletterwand. Eine Route für Anfänger sollen wir in Angriff nehmen. Bevor es los geht, zeigt uns Jessica, wie wir mit dem GriGri, einem halbautomatischen Sicherungsgerät, unseren Kletterpartner sichern können und wie man den Kletterknoten bindet. Wir klettern Toprope, das bedeutet, dass bereits ein Seil an der Wand hängt, das ganz oben über einen Umlenker läuft. Das Seilende, das sich näher an der Wand befindet, kommt an den Gurt des Kletterers, das andere Ende bekommt der Sichernde. Nach ein paar Worten zu Fußhaltung und Technik beginnen die Jungs mit ihrem ersten Aufstieg – und machen es auf Anhieb richtig gut. Sie klettern „bunt gemischt“, also keine feste Route, von denen jede eine eigene Grifffarbe hat, sondern verwenden auf dem Weg nach oben alle Griffe.

Oh Gott, ich habe Angst!

Wenige Minuten später bin ich an der Reihe. Mit weichen Knien trete ich vor die Wand, unsicher, ob ich es bis ganz oben schaffen werde. Beim Tauchen sind acht Meter nicht viel, beim ersten Kletterversuch kommen sie mir so hoch vor wie das Empire State Building. Ein Blick auf die riesige 15-Meter-Wand hinter mir genügt, um mich anzuspornen: Dort krabbelt ein kleines Mädchen, vielleicht zehn Jahre alt, in Windeseile bis ganz nach oben, gesichert von seinem Vater. Was die kann, kann ich schon lange, oder?

Die ersten Tritte und Griffe an der Wand sind einfach, fast wie von selbst arbeite ich mich hoch, doch das mulmige Gefühl in der Magengegend bleibt mein ständiger Begleiter. Wenige Augenblicke später habe ich es geschafft, ich bin ganz oben. Das war ja leicht! Doch der Blick nach unten genügt, um mir den Schweiß auf die Stirn zu treiben. Wieder unten angekommen freue ich mich über meinen Erfolg, aber wirklich überzeugt bin ich von diesem Sport noch nicht.

Der Stolz besiegt die Angst

Bei der nächsten Route, diesmal an der 15-Meter-Wand, muss ich nach der Hälfte abbrechen. Ich habe Angst, dass mich meine Kräfte verlassen, zitternd und mit rasendem Herzen klammere ich mich an die Griffe und warte, bis ich abgelassen werde. Enttäuschung macht sich breit, doch die hält nicht lange vor, denn bei der nächsten Route klappt es fast ohne Angst! Das bleibt auch bei den nächsten Routen so. Das Kletterfieber hat mich gepackt, die Angst wird immer weniger, das Vertrauen in Seil und Sicherungstechnik größer. Das ist es auch, was Jessica so gut am Trainersein gefällt: „Am schönsten ist es, wenn man das Funkeln in den Augen sieht – vor allem, wenn ein wenig Höhenangst mit im Spiel ist.“ Der Erfolg belohnt die Menschen und die Freude über den Erfolg belohnt Jessica.

Die Grenzen kennen

Meinen Freunden geht es ähnlich, auch sie freuen sich über ihren Erfolg. Doch allen ist bewusst, dass Klettern auch mit Risiken verbunden ist. Auch Klettertrainerin Jessica Krismann hat sich einmal bei einem Sturz ins Seil den Knöchel verstaucht. Doch genau wie beim Tauchen gilt auch beim Klettern: „Es ist ein sicherer Sport, wenn man innerhalb seiner eigenen Grenzen bleibt!“ Vernunft ist gefragt, nicht übertriebener Ehrgeiz – und eine gute Einweisung in die Sicherungstechniken. Das zu lernen steht nach dem Schnupperkurs im Magic Mountain bei mir und meinen Begleitern auf dem Plan: Wir alle werden in den nächsten Monaten den Toprope-Kletterschein machen und dann wieder zusammen klettern gehen.

Fazit: Klettern ist ein Trendsport, der sich inzwischen beinahe schon zum Breitensport entwickelt hat. Wer denkt, in den Hallen und an den Wänden tummeln sich nur Topathleten und Akrobaten, der irrt! Studenten, Familien, Kinder und Rentner teilen sich die Kletterwände. Einen Versuch ist das Klettern auf jeden Fall wert, selbst – oder gerade – bei Höhenangst.

Weitere Informationen:

Lesen Sie auch unsere Artikel zu den Thermen Trend-Workouts  und Surfen.

Advertisement