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Milch ist gesund und schmeckt bereits Babys. Doch nicht jeder verträgt das gesunde Erfrischungsgetränk von Mutter Natur. Vielen schlägt es schlichtweg auf den Magen. Sie leiden unter einer Laktoseintoleranz oder auf deutsch: Milchzuckerunverträglichkeit. Was jetzt?

Diagnose: Laktoseintoleranz. Wie sehr beeinträchtigt das die Lebensqualität? „Das ist ganz unterschiedlich,“ weiß die Hamburger Ökotrophologin Lucie Nusbaum. „Es gibt Patienten, die leben jahrelang damit, einen Blähbauch, Durchfälle oder Verstopfung und andere unspezifische Magen-Darm-Beschwerden zu haben. Das ist für sie die Normalität.“ Doch die Ernährungsberaterin hat in ihrer Praxis auch viele kennen gelernt, die sehr unter den Symptomen leiden. Das seien meistens diejenigen, bei denn die Unverträglichkeit relativ kurzfristig aufgetreten sei. Zum Glück gibt es Verhaltensregeln, die mit ein bisschen Übung schnell verinnerlicht sind.

Laktose oder auch Milchzucker

Um zu verstehen, was es mit der Laktoseintoleranz auf sich hat, brauchen wir einen kleinen Exkurs in Chemie: Laktose, also Milchzucker, gehört zu den Kohlenhydraten und ist ein Disaccharid, Zweifachzucker, bestehend aus jeweils einem Molekül Glucose, also Traubenzucker, und Galaktose, Schleimzucker. Doch wozu brauchen wir diesen Zweifachzucker? Als Teil der Muttermilch spielt Laktose bei der Ernährung von Säuglingen eine wichtige Rolle, denn sie liefert Energie, unterstützt die Calciumaufnahme und begünstigt das Wachstum von so genannten Bifidusbakterien, die zu einer gesunden Darmflora gehören. Später begegnet uns Milchzucker häufig auf der Zutatenliste industriell hergestellter Lebensmittel und kann bei einer Unverträglichkeit Probleme bereiten.

Was ist eine Laktoseintoleranz?

Milchzucker wird im Dünndarm durch das Enzym Laktase aufgespalten. Erst dann können seine einzelnen Bestandteile Glukose und Galaktose von der Darmschleimhaut aufgenommen werden. Fehlt nun dieses Milchzucker spaltende Enzym, spricht man von einer Laktoseintoleranz oder Milchzuckerunverträglichkeit. Experten unterscheiden dabei zwischen primären oder natürlichen und dem sekundären, das bedeutet später erworbenen, Laktasemangel. In seltenen Fällen kann ein Laktasemangel angeboren sein. In diesem Fall spricht man von einer absoluten Laktaseintoleranz.

Am weitesten verbreitet ist jedoch der „natürliche“ Laktasemangel. Die Intoleranz tritt hier meist nach dem Abstillen oder in späteren Lebensjahren auf, da die Produktion der Laktase altersbedingt nachlässt. Geht das Enzym stark zurück oder fehlt es gänzlich, stellen sich Beschwerden wie zum Beispiel Blähungen, Durchfall oder Koliken ein.

Ausprägungen von Laktoseintoleranz

Die Ausprägung der natürlichen Milchzuckerunverträglichkeit ist je nach Weltregion unterschiedlich. In Asien und Afrika betrifft die Laktoseintoleranz 90 Prozent oder mehr der erwachsenen Bevölkerung und gilt daher als ganz normal. In Westeuropa, Australien und Nordamerika sind es dagegen nur fünf bis 15 Prozent. 

Bei der so genannten sekundären Form ist der Laktasemangel eine Begleiterscheinung , zum Beispiel bei chronischen Darmerkrankungen, Mangelernährung, Alkoholmissbrauch und beim Kurzdarmsyndrom. In diesen Fällen besteht die Möglichkeit, dass nach Heilung der Grunderkrankung auch die Laktaseproduktion wieder funktioniert.

Leben mit der Laktoseintoleranz

Die Diagnose steht: Milchzuckerunverträglichkeit. Was jetzt? Darf ich nie wieder Milch trinken? Keinen Jogurt, Quark oder Käse mehr essen? Was bleibt da noch übrig? So schlimm ist es nicht. „Nach einer ausführlichen Schulung durch einen Ernährungsexperten und einer Phase des Übens im Alltag kriegen das alle hin, selbst Kinder und Jugendliche,“ macht die Expertin Nusbaum den Betroffenen Mut. Zumal die Verträglichkeit eine Sache der individuellen Dosis ist. Jetzt heißt es lernen, wo überall Laktose natürlicherweise in Lebensmittel und/oder als Lebensmittelzutat in Fertiglebensmitteln enthalten ist, rät sie ihren Patienten. Gerade am Anfang soll der Betroffene akribisch die Zutatenlisten studieren oder die Verkäufer fragen.

Fakt ist: Sowohl ein physiologischer, als auch ein angeborener Laktasemangel ist nicht heilbar. Es ist also notwendig, die Ernährung milchzuckerfrei oder -arm zu gestalten. Die Toleranzgrenze ist je nach Schweregrad der Erkrankung verschieden. So verträgt der Betroffene bei leichtem Verlauf noch zirka acht bis zehn Gramm Laktose pro Tag. Hält er also die Empfehlung seines Ernährungsberaters ein, können die Beschwerden auf ein Minimum reduziert werden.

Eine andere Möglichkeit ist die Zufuhr von Milchzucker spaltenden Laktase in Form von Kautabletten oder Kapseln, die es in jeder Apotheke zu kaufen gibt. Hier gibt es aber zwei Probleme: Erstens ist die Dosierung schwierig, da sie eigentlich dem Laktosegehalt der zu verzehrenden Lebensmittel angepasst werden muss. Zweitens ist zu berücksichtigen, dass das Produkt bereits im Magen wirksam ist. Laktose wird aber erst im Dünndarm verarbeitet und es ist nicht sicher, dass eine ausreichende Dosis des Enzyms im Dünndarm ankommt.

Welche Lebensmittel haben wenig oder keinen Milchzucker?

Was kann ein Betroffener also ohne Bedenken verzehren? Die Auswahl sieht gar nicht so schlecht aus. Sauermilchprodukte wie Joghurt, Kefir oder Buttermilch zum Beispiel enthalten unterschiedliche Mengen an Laktose. Häufig verträgt ein Milchzucker überempfindlicher Mensch diese Milchprodukte trotzdem gut, da sie zusätzlich Milchsäurebakterien enthalten, die den Milchzucker teilweise schon vorab abbauen. Auch viele Käsesorten können Betroffene ohne Beschwerden essen. Hier wird je nach Herstellungsform und Reifedauer des Käses die Laktose durch Fermentation abgebaut. Grundsätzlich gilt die Faustregel: Je länger der Reifungsprozess, desto geringer der Laktoseanteil. Traditionell hergestellter und ausgereifter Parmesan zum Beispiel vertragen die meisten sehr gut.

Auch bei anderen Lebensmitteln wird die Auswahl immer größer. Inzwischen gibt es viele Firmen, die laktosefreie Milch und Milchprodukte anbieten. In diesen Produkten wurde der Milchzucker bereits industriell aufgespalten. Eine weitere Alternative sind die zahlreichen Sojaprodukte, denn Soja enthält von Natur aus keine Laktose.

Vorsicht vor Laktosefallen

Allerdings wird vielen Produkten auch Milchzucker zugesetzt, zum Beispiel Instantprodukten, Wurstwaren oder Gewürzen. Die Kennzeichnungspflicht umfasst auch Milch und Milchbestandteile einschließlich der Laktose. Danach müssen die einzelnen Inhaltsstoffe von Lebensmittelzusatzstoffen aber nur deklariert werden, wenn sie mindestens 25 Prozent des Zusatzstoffes ausmachen. Dient Laktose also lediglich als Trägersubtanz für Aromen und Emulgatoren, zum Beispiel in der Wurstherstellung, und ist daher in sehr geringen Mengen enthalten, besteht keine Kennzeichnungspflicht. Wer bereits auf kleine Mengen Laktose empfindlich reagiert, muss also gut aufpassen: Wichtig bei der Lebensmittelwahl ist hier eine Volldeklaration der Inhaltsstoffe auf der Verpackung oder Zusätze wie „laktosefrei“ oder „milchfrei“. Übrigens: Auch viele Medikamente und Fertigprodukte enthalten Laktose als Trägerstoff , ebenso die Anti-Baby-Pille.

Fazit: Mit Laktoseintoleranz lässt sich leben. Vorsicht aber bei Fertigprodukten, die auf den ersten Blick keine Milch als Zutat vermuten lassen. Hier lohnt sich ein sorgfältiger Blick auf die Zutatenliste.

Lesen Sie über Symptome und Testmöglichkeiten bei Laktoseintoleranz:

Laktoseintoleranz: Symptome und Testmöglichkeiten

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