©iStock/Biserka Stojanovic
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Weil sie das Beste für sich und ihre Familie will, kauft Sabine Frey beinahe alles in Bio-Qualität. Auch lässt sie sich regelmäßig eine Bio-Gemüsekiste liefern. Muss das sein? Gute Frage! Denn nicht immer ist Bio besser.

„Ach, du immer mit deinem Bio-Wahn“, muss sich Sabine Frey oft anhören. „Das kostet doch nur mehr Geld!“ Da wird selbst sie als vehemente Bio-Käuferin unsicher und fragt sich, ob die „normalen“ Lebensmittel nicht ausreichend sind. Sie könnte viel Geld und Zeit sparen. Die Mutter von zwei Kindern macht sich auf die Suche: Wann ist es wirklich sinnvoll, Bio zu verwenden?

Vergleichspunkt eins: der Preis

Eine Pressemitteilung fällt der Esslingerin dabei auf: Greenpeace veröffentlichte kürzlich, dass „allein die Kontrolle von Pestiziden in Lebensmitteln und Grundwasser den deutschen Steuerzahler Kosten von 17 Millionen Euro jährlich verursachen. Bei 100 Prozent Öko-Landbau fallen keine Kontroll- und Analysekosten für Pestizide und Gentechnik an.“ 

Zwischenfazit: Müsste jeder für die Folgekosten aufkommen, die durch die Produktion mit Hilfe von Pestiziden und Gentechnik entstehen, wäre der Preisunterschied zwischen ökologischen und konventionellen Lebensmitteln vernachlässigbar klein, wenn überhaupt vorhanden.

Eine gute Ausgangslage also für Sabine Frey, um unabhängig vom Preis die Sinnhaftigkeit von Bio zu beurteilen. Damit ist sie relativ allein: Für viele ihrer Bekannten ist der Preis für Lebensmittel ein großes Thema. Beim neuen Handy, Computer oder Auto spielt Geld dagegen keine große Rolle. Sie wundert sich: Sind technische Geräte etwa mehr wert als hochwertige LEBENsmittel?

Vergleichspunkt zwei: die Pestizide

Schätzungsweise 500 zum Großteil neumodische Chemikalien hat jeder im Körper. Denn es wird reichlich gespritzt und gedüngt, entseucht und bekämpft – gegen Unkraut, Pilze, Insekten. Für einen höheren Ertrag, den am Schluss niemand braucht. Lediglich die Hersteller der chemischen Mittel machen Branchenkennern zufolge reichlich Gewinn – bei einem Verbrauch von rund 41.000 Tonnen Pestiziden pro Jahr. Im ökologischen Landbau sind Pestizide (Pflanzenschutzmittel) schon immer verboten, weil man um ihre gesundheitsschädliche Wirkung für Anwohner und Anwender weiß: Sie können Krebs verursachen und beeinflussen das Hormonsystem – die Folge ist beispielsweise Unfruchtbarkeit. Nicht zu vergessen Krankheitssymptome wie Übelkeit, Schlafstörungen, Kreislaufschwäche, Brust- und Herzstechen.

Alarmierend dabei: Die Wirkung von Pestizid-Kombinationen wird kaum beachtet. Der Einfluss auf das Hormonsystem bei nur zwei kombinierten Pestiziden ist um das Tausendfache höher als die Wirkung jedes der Pestizide für sich allein. Bei konventionellen Produkten bedeutet dies am Ende bis zu 65 nachweisbare Wirkstoffe. Ein Beispiel, das Sabine Frey dabei einfällt, sind Weintrauben. Hier sollen es 26 nachweisbare Pestizidrückstände sein. Nicht ohne Grund raten selbst Obsthändler, sie immer gut abzuwaschen.
Bei solchen Veröffentlichungen empören sich Sabine Freys Bekannte, wieso nicht besser kontrolliert wird. Und kaufen weiterhin die Gurke beim Discounter für 39 Cent das Stück. Oft kommen sie aus Spanien oder Italien, die wie auch die Türkei oder Griechenland zum Teil Spritzmittel verwenden, die hierzulande verboten sind. Kontrollen gibt es kaum, da sie viel zu aufwändig wären.

„Wer sichergehen möchte“, so Andreas Greiner, Dipl.-Agrarbiologe und Pressesprecher von Bioland Baden-Württemberg, „dass sich solche Pestizid-Cocktails nicht im Essen befinden, sollte Obst und Gemüse aus biologischem Anbau kaufen, bestenfalls aus der Region und der Jahreszeit entsprechend“. Laut der Lebensmittelüberwachung und dem Öko-Monitoring von Baden-Württemberg wiesen Bio-Lebensmitteln allenfalls Spuren von Pestiziden auf, gerade mal 0,011 Milligramm pro Kilogramm, vermutlich durch Kontamination. Die konventionellen Lebensmittel enthalten dagegen etwa 80-mal so viel, 0,84 Milligramm pro Kilogramm.

Zwischenfazit: Achten Sie auf regionalen und saisonalen Einkauf. Dabei spielt Bio die zweite Geige. Die konventionelle Freiland-Tomate aus Deutschland ist der Tomate aus dem aus- oder inländischen Gewächshaus oder der sehr wasserintensiven Bio-Tomate aus Spanien immer vorzuziehen.

Vergleichspunkt drei: der Geschmack

Sabine Frey weiß: Geschmack ist relativ und sehr stark von Gewohnheiten abhängig. Wenn Kinder von klein auf „trainiert“ werden, stark gewürzte und aromatisierte Fertiggerichte zu essen, werden sie den „faden“ Blumenkohl verschmähen, egal ob Bio oder nicht. Wer aber Gemüse und Obst gewohnt ist, der wird, wie in zahlreichen Verkostungen geschehen, einen Unterschied zwischen ökologisch und konventionell angebautem Gemüse und Obst schmecken.
In einfacher Kindersprache: Die Karotte schmeckt karottiger und der Apfel apfeliger. Denn „die Gruppe der unter Vierjährigen bevorzugt ganz eindeutig Bio“, wie Bio-Experte Andreas Greiner bei Verkostungen in Kindertagesstätten herausgefunden hat.

Der bessere Geschmack entsteht durch langsames Wachstum ohne Überdüngung, dafür mit einem höheren Gehalt an Geschmacks- und Aromastoffen und niedrigerem Wassergehalt Das heißt: mehr Karotte fürs Geld bei Bio-Lebensmittel.

Andreas Greiner: „Bio ist eine Einladung an jeden, seine Sinne wieder zu schulen und sich auf einen natürlichen Geschmack einzulassen.“

Zwischenfazit: Vergleichen Sie einfach mal eine Bio-Karotte aus dem Bio-Laden mit einer Karotte aus dem Supermarkt. Geht es Ihnen wie Sabine Frey und ihrer Familie, der konventionelles Gemüse und Obst einfach nicht mehr schmeckt?

Vergleichspunkt vier: Ist Bio „gesünder“?!

Tests zeigen: Bio-Tomaten oder -Äpfel haben vor allem mehr Vitamin C. Andere Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente sind nicht immer mehr enthalten, Schwermetalle wie das schädliche Cadmium aber immer weniger. In tierischen Bio-Produkten wie Fleisch, Milch und Eiern finden sich hochwertige Fette durch die natürliche Fütterung mit Gras. Bio-Fleisch, Milch und Eier haben keine Rückstände von Antibiotika, Pestiziden oder Wachstumshormonen, weil ihr Einsatz beim Bio-Siegel verboten ist.

Der Gehalt an gesundheitsfördernden sekundären Pflanzenstoffen ist beim Bio-Anbau um zehn bis 50 Prozent erhöht. Diese regen das Immunsystem an, wehren Krebs ab, hemmen Entzündungen und wirken antibakteriell. Bio kann man also durchaus als „gesünder“ gelten lassen, findet Sabine Frey.

Fazit: Vor allem bei Gemüse und Obst, tierischen Produkten und Getreide wird Sabine Frey mit Vertrauen weiter zu Bio-Lebensmitteln greifen. Denn Bio ist gesünder und schmeckt intensiver. Produkte aus der Region – etwa vom Bauern, Hofladen oder der Mühle – sind häufig hochwertig produziert. Bei vielen Kleinbauern fehlt jedoch das offizielle Bio-Siegel – oft aus Kosten- und Bürokratiegründen. Sabine Frey vertraut dem persönlichen Kontakt zu dem regionalen Erzeuger und gibt diesen Produkten immer den Vorzug – egal, ob Bio oder nicht.

Weitere Informationen:

Informationsportal mit Verbrauchertipps, Nachrichten, Downloads von Infos und regionalen Bio-Einkaufsführern:

www.oekolandbau.de

Programm zur Förderung gesunder KiTa- und Schulverpflegung:

www.biokannjeder.de

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