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Wer genießt, hat mehr vom Leben! Im Slow Food Ernährungstrend geht es vor allem um reichhaltigen, intensiven Geschmack. Eine Offensive gegen normierte Äpfel, pappige Hamburger und überzuckerte Getränke. MEINE VITALITÄT erklärt Ihnen den Trend Slow Food und räumt mit Vorurteilen auf.

Wir wissen es doch eigentlich besser

Wir alle zählen zu den Sündern. Essen mittags Kantinenfleisch von zweifelhafter Konsistenz, wollen abends nicht mehr lange am Herd stehen und verspüren in besonders dunklen Momenten Heißhunger auf ein buntes Produkt des etwas anderen Restaurants. Dabei müssten wir es eigentlich besser wissen. Die Auswüchse der modernen Nahrungsmittelindustrie erscheinen schon alltäglich und regen schon lange keinen mehr auf: Dioxin im Fleisch, Vogelpest, Schweinegrippe, BSE, Frostschutzmittel-Skandal, Analogkäse, Aromen… Und von jedem Zusatz, von jedem künstlichen Nahrungsersatz bleibt etwas in den Zellen hängen, um nach Jahrzehnten Bluthochdruck, Herzinfarkt, Diabetes oder Krebs zu verursachen.

Wir leben im Überfluss

Um das schlechte Gewissen zu beruhigen, floriert der moderne Ablasshandel über die Medien. Wenn man sich schon nicht gesund ernährt, schaut man wenigstens anderen dabei zu. Das war zwar schon immer so, der gute Wolfram Siebeck zählte schon Ende der Fünfziger zu den Kochlehrern der ersten Stunde – auch für Profiköche. Doch mittlerweile vergeht kein Tag mehr ohne Kochshow im Fernsehen. Aus einem Fachproblem ist ein gesellschaftliches geworden: Seinerzeit war es noch Lebensmittelchemikern wie Udo Pollmer mit „Wohl bekomm’s“ und „Prost Mahlzeit“ vorbehalten, uns die Sünden der heutigen Nahrungsmittelproduktion bewusst zu machen. Heute stehen sogar literarische Bestsellerautoren mit Büchern über gesunde Ernährung auf den Verkaufslisten ganz oben.

Das ist der Slow Food Trend

Die streitbare Gourmet-Bewegung Slow Food will ihren Teil dazu beitragen, dem Elend ein Ende zu bereiten: durch gutes, geschmackvolles Essen, durch ökologische Landwirtschaft und regionale Küche. Die Vereinigung bietet viele Ansatzpunkte für ihre Mitglieder, um vom Zuschauer zum Akteur zu werden. Und ist damit erfolgreich: Die Weniger-ist-mehr-Organisation, 1986 in Italien vom Soziologen Carlo Petrini gegründet, wächst unaufhaltsam: Im Jahr 1999 hatte sie 60.000 Mitglieder, heute haben sich bereits 85.000 Menschen in über 132 Ländern der Vereinigung angeschlossen. Slow Food kämpft gegen die Aromenindustrie und Fast-Food-Ketten, für eine ursprüngliche Küche mit unbelasteten Zutaten. Weg von der Fertigpizza, hin zum selbstgemachten Salat. Weg von labbrigen Hamburgern, hin zum gemeinsamen Kochen mit Freunden. Damit unsere Kinder nicht mehr denken, Erdbeeren würden schmecken wie Erdbeerjoghurt.

Unter www.slow-food.de ist unter anderem ein Genussführer zu finden, in dem Restaurants und Produzenten in Deutschland aufgelistet werden, die nach Slow-Food-Prinzipien arbeiten. Eine eigene Messe findet jährlich in Stuttgart statt. Sechsmal im Jahr erscheint das „Slow-Food-Magazin“.

Slow Food will Produzenten, Händler, Gastronomen und Verbraucher zusammen bringen. Grundansatz: Der bewusste Umgang mit der Nahrung ist eine Lebenseinstellung. Das zu kennen, was ich esse. Zu wissen, wie ich es zubereiten muss. Die Dinge geruhsamer anzugehen, sich kundig zu machen und zu genießen, Das geht nur mit Konzentration, Wissen und Zeit. „Im Leben gibt es nur zwei wichtige Dinge“, sagt Slow-Food-Gründer Carlo Petrini: „Essen und Lieben. Wenn eines von beiden verschwindet, verschwindet die Menschheit.“

Zugegeben: In Deutschland wird es schwieriger

Hierzulande ist es schwieriger als anderswo, alte Gewohnheiten zu brechen. In die landesweiten Mc-Donalds-Filialien strömen hierzulande täglich Millionen Gäste. Eine regionale Küche wie beispielsweise in Italien ist bei uns erst in den letzten 10 Jahren langsam gewachsen. Doch auch wir können uns nach den Regeln von Slow-Food ernähren. Auch wenn wir in einen aufreibenden Berufalltag eingespannt sind. Auch wenn wir keine Vorkenntnisse haben. Und nicht die Hälfte unseres Monatseinkommens für Nahrungsmittel opfern wollen. Denn das sind nur Vorurteile, wenn es um Slow-Food geht.

Vorurteil 1: Der Einkauf ist zu mühselig. Wenn Sie einkaufen nur als Pflicht empfinden, sind Sie für Slow-Food verloren. Es kommt nicht darauf an, eine Liste abzuhaken. Entdecken macht Spaß. Und zu wissen, was Sie zu sich nehmen, auch. Das fängt beim Lesen der Etiketten an. Lebensmitteln mit Aromen sollten liegen bleiben – ganz egal, ob künstlich oder natürlich. Sie verstärken bestimmte Geschmackskomponenten so, dass der eigentliche Geschmack verloren geht. Wenn Sie diese Regel ernst nehmen, bleibt im Einkaufswagen des Supermarkts nicht mehr viel übrig außer Salz, Reis oder Nudeln. Bessere Qualität bieten Wochenmärkte oder Bauernhöfe, die direkt verkaufen. Dort erfahren Sie auch etwas über Herkunft und Qualität der Lebensmittel. Termine für Märkte lassen sich bei Ordnungsämtern erfragen. Adressen der Höfe bekommen Sie von Verbraucherzentralen und Landwirtschaftskammern.

Vorurteil 2: Slow Food ist zu teuer. Es geht nicht darum, von allem nur das Teuerste zu nehmen. Slow Food bedeutet, sich Zeit zu lassen für das Genießen. Zu wissen, was sich auf dem Teller befindet und wie es zubereitet wurde. Nicht Gesundheit steht im Vordergrund, sondern Genuss. Vermeintlich billiges Essen ist auf Dauer teurer. Nicht wegen typischer Schlechtesserkrankheiten wie Bluthochdruck oder Herzinfarkt, sondern auch durch den niedrigen Genussfaktor. Handwerklich gefertigte Produkte sind nun einmal teurer als industriell hergestellte.

Vorurteil 3: Die Zubereitung ist zu zeitraubend. Mit Freunden oder alleine zu kochen, ist kein Zeitverlust, sondern ein Lustgewinn. Außerdem gibt es zahlreiche Speisen nach Slow-Food-Prinzipien, die sich genau so schnell zubereiten lassen wie eine Tiefkühlpizza im Backofen.

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